Cristiano Ronaldo und Sergio Ramos als Liebepaar? Im gleichen Fussballclub spielen und das Bett teilen? Trotz der Errungenschaft der Homoehe in vielen Ländern scheint dies immer noch unvorstellbar. Aber warum? Liegt es an den Sponsoren, an den Fans, dass Schwule im Profifussball immer noch tabu sind? Auch die «Berliner Erklärung» gegen Homophobie, die 2013 von deutschen Politiker_innen und Sportvereinverantwortlichen unterzeichnet wurde, konnte in der Bundesliga nichts verändern. Bis jetzt haben sich weltweit bloss drei Profifussballer geoutet, einer davon erst nach dem Ende seiner Karriere. In der Schweiz steht im Profifussball immerhin der Schiedsrichter Pascal Erlacher offen zu seiner Homosexualität. Ansonsten haben schwule Fussballer die Wahl, ihre sexuelle Orientierung zu vertuschen oder den Profisport aufzugeben. Marcel Gisler lässt in Mario seine beiden Protagonisten zwischen diesen beiden Wegen wählen.
Der aufstrebende Jungfussballer Mario (Max Hubacher) kickt in der U21-Mannschaft bei den Berner Young Boys, als Leon (Aaron Altaras) aus Deutschland geholt wird, um neben ihm im Sturm zu spielen. Aus einer Konkurrenzsituation entwickelt sich Liebe – für Mario die erste seines Lebens. Das Umfeld jedoch, die Mitspieler und Marios ehrgeiziger Vater, zeigen sich homophob, der Verein und die Berater der Spieler versuchen, trotz Beteuerungen, sie persönlich hätten nichts gegen Schwule, eine heile, rein heterosexuelle Fussballwelt aufrechtzuerhalten. Während Leon aber nicht länger bereit ist, sich zu verstecken und zu lügen, den Fussball opfert und auch seine grosse Liebe aufgibt, ist Mario die Karriere doch wichtiger. Mithilfe einer guten Freundin gaukelt er seinen neuen Kollegen in Hamburg vor, er sei heterosexuell. Was ihm neben dem Erfolg bleibt, sind Trauer, Bedauern und Einsamkeit.
Mario ist nicht die Schweizer Version eines überlebensgrossen Dramas wie Brokeback Mountain von Ang Lee, aber auch nicht einer authentischen Lovestory wie etwa God's Own Country des Engländers Frances Lee – auch wenn Gisler sehr viel Wert auf Realitätsnähe legte. Die Tragödie der verbotenen Liebe ist leider kein grosses Kino geworden, vielleicht nicht mal Kino, eher braves Fernsehen. Gisler erzählt die Begegnung, Annäherung, Liebe und die von aussen herbeigeführte Trennung allzu geradlinig. Bei den grossen Gefühlen hält er den Ball schön flach. Obwohl Max Hubacher und Aaron Altaras als verliebte Jungfussballer in manchen Szenen berühren, gibt Gisler dem Hin- und Hergerissensein zwischen Liebe und Karriere und dem Leiden seiner Figuren nicht viel Raum. Die Kamera bleibt wie wir Zuschauer auf Distanz.
Die Stationen des Dramas sind absehbar und langatmig aneinandergereiht, nur selten unterbrochen von einem vielsagenden Bild und einer dramatischen Szene. Mario wirkt wie ein Fussballspiel ohne Tore, und eigentlich auch ohne echte Torchancen. Unverständlich eigentlich, weil Gisler etwa mit [art:electroboy:Electroboy] und F. est un salaud bewiesen hat, dass er packend und komplex erzählen kann. Und schade, weil der Film aufgrund seines Themas viele Zuschauer verdient hätte.