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Walter Pfeiffer – Chasing Beauty

Text: Lukas Stern / 23. Nov. 2017

Wenn Künstler fürs Kino porträtiert werden, steht die Frage immer im Raum: Was leistet das Kino, was leistet das Medium Film bei der Arbeit des Porträtierens? Kinodokumentarfilme können sich nicht auf den journalistischen Anspruch etwa eines Fernsehbeitrags beschränken. Täten sie es, würden sie den Ansprüchen und Möglichkeiten des Kinos nicht gerecht. In gewissem Sinne stehen sie also in der Pflicht, genuine Zugänge zu jenem Werk zu schaffen, das sie porträtieren wollen – Zugänge also, die sich einzig im Kino erschliessen lassen und nicht ersetzbar sind durch andere Formen der Vermittlung. Selbst bei Filmen, die sich auf journalistisches Abschildern beschränken, ist von dieser Pflicht etwas spürbar. Das zeigt sich etwa am Einsatz von Filmmusik oder dem Rückgriff auf bestimmte Bildtypen. Dadurch sollen Verdichtungen geschaffen, Zuspitzungen vorgenommen, Aspekte betont werden.

Im Falle von Iwan Schumachers Kinoporträt des Schweizer Grafikers und (Mode-)Fotografen Walter Pfeiffer, der aus der Fotoavantgarde der Siebzigerjahre kommend erst in den Nullerjahren internationale Bekanntheit erlangte und dann Fotoserien unter anderem für die «Vogue» anfertigte, wird diese Frage nun wieder virulent. Walter Pfeiffer ist Anfang 70, trägt Kapuzenpullis mit pinkem Innenfutter, oft Bommelmützen und Regenschirm. Er fotografiert mit kleinen Kameras und stets mit Blitz. Seine Hände zittern ein wenig, die Anweisungen am Set sind simpel, aber klar. Seine Arbeitsweise ist die eines Handwerkers: mit viel Lust und wenig Attitüde. Das Bild, das Walter Pfeiffer – Chasing Beauty von seinem Protagonisten entwirft, ist das eines Weltkünstlers im Alltagsgewand, der in Funktionskluft die Schweizer Berge bewandert, in günstig bestuhlten Seminarräumen Kunststudenten unterrichtet und seine Zürcher Wohnung eigenhändig sauber hält, während er für Fotoshootings mit Topmodels wie Cara Delevingne eigens in die USA geflogen wird. Dieses Künstlerimage ist natürlich ganz und gar nichts Neues. Es sollen Polarisierungen entstehen, die auf das Werk zurückwirken, um es als eines auszuweisen, das unvereinbare Sphären kombiniert: Alltag und Hochglanzluxus, Kampagnenfotografie und Kunst, das Spontane und das Ewige, Profan-Technisches und Heilig-Schönes.

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Schumachers Porträt ist in solcher Hinsicht leider eher ambitionslos. Pfeiffer selbst ist es, der in einer Szene des Films seine Studenten davor warnt, den Stil der anderen zu kopieren. «Ihr müsst von Grund auf alles selber erfinden!», doziert er. Dieses Credo lässt sich gut gegen den Film selbst wenden. Für Schumacher ist das Kino eben nicht das Medium, durch das eine bestimmte und eigenständige Exploration des Werks eines Künstlers möglich würde; es ist vielmehr doch nur die Hilfsmaschine, mit der sich ikonische Künstlerbilder reaktivieren lassen, die dann ein bestimmtes Werk nicht in seinen Eigenheiten zeigen und lesbar machen, sondern das Werk in einen allgemeinen, konsensuellen und damit auch allzu simplen Kunstbegriff integrieren sollen. Walter Pfeiffer ist also ein Weltkünstler – das sagen schliesslich auch unisono Schumachers Interviewpartner. Aber was ist eigentlich das Interessante an seiner Kunst? Was hat es auf sich mit den unzähligen Fotos junger männlicher Körper in botanischer Umgebung? Oder mit der Verquickung von barock-ornamentaler Bildsprache und reduzierter Produktionstechnik?

Wo hingegen die filmische Annäherung an einen Künstler so stereotyp ausfällt, erscheint auch dessen Werk nur noch als simples Konsumprodukt. Und daran leidet auch dieser Film über weite Strecken. Ein Bild aber gibt es, eines, zu dem der Film immer wieder zurückfindet, das die Kunst Pfeiffers vielleicht doch noch aus einer anderen Perspektive zeigt, die nicht mit der Biografie, der künstlerischen Intentionalität oder der Klassifizierbarkeit des Stils zusammenhängt: die Nahaufnahme eines Fotobuches, durch das geblättert wird. Vielleicht ist ja gerade das Blättern – die Erfahrung, die das Blättern freisetzt, die Aufmerksamkeit auf den raschen Wechsel der Bilder statt auf das stehende Foto, die Zwischenräume, die entstehen – ein Rezeptionsmodus, der in besonderem Masse zur Modefotografie gehört. In diesem Bild geschieht etwas, wovon man sich mehr gewünscht hätte: Hier findet das Kino einen Weg, auf seine eigene Weise auf Kunst zu schauen.

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