
0 – 100: Rückblick aus der Sicht von heute (1977)
Ohne Jahreszahl ist das Jubiläums-Bulletin
Nr. 50 erschienen... doch in einem
hier abgedruckten Artikel aus dem erwähnten
Bulletin heisst es:
«Bulletin Nr. 50 liegt vor. Es ist nur eine
Zwischenstation, denn weitere 50 werden folgen...»
Nun ist es soweit: Was soll ich denn dazu noch schreiben – wir sind bei dieser Zwischenstation angelangt – 100 Bulletins (und das 101 haben wir schon hinter uns)? Etwa wie damals: denn weitere 50 werden folgen?
Einen Überblick zu geben über Anfang, werden oder auch Durchhalten des Filmkreises (KFZ) wäre schon möglich - doch dazu würde es längere Zeit brauchen - vielleicht «Ferien», um daraus ein Buch entstehen zu lassen? So weit wird's noch kommen!
Doch für die Zweit-Jubiläums-Nummer 100 dachte ich es mir zu einfach - siehst dir einfach die Akten durch und «schwelgst» in Erinnerungen. So leicht allerdings ist das wiederum nicht. Denn bei der «Durchsicht der Bücher» bin ich nicht sehr weit gekommen. Nicht weit? Damit meine ich, dass ich immer wieder steckenblieb... und zurückdenken musste – damals! Dann passierte das... dann das...
Steckengeblieben bin ich auch bei den vielen
Namen, die immer wieder auftauchten. So
zeigte die erste Adressliste 20 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im Filmausschuss und
über 60 bei der damaligen «Obmännerliste».
Der Bestand wuchs, die Namen wechselten und
verjüngten sich...
Schwierig ist es, daraus einzelne markante
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter «herauszuziehen»
– schwierig auch, die eine oder andere Begebenheit besonders hervorzustreichen.
Für gar manche wären es nur Namen, die ich erwähnte – doch es waren eben nicht
nur Namen. Es waren Begegnungen. Und bei
Begegnungen heute mit Filmkreislern, lächeln viele Ehemalige dieser Zeit nach.
Sie lächeln nicht darüber, sondern kommen
mit Begebenheiten: weisst du noch, damals?
Nun so will ich es bleiben lassen, Namen zu
erwähnen. Denn jeder Einzelne war ja voll
mit dabei – und ich müsste sie alle aufzählen,
und keinen auslassen – und das geht
halt nicht. Mögen sie mir verzeihen – die
unzählig Vielen...!
Im 50er Bulletin wurde der Anfang knapp
erwähnt. Die Auseinandersetzung die wir
damals hatten aber nicht. Damals:
Drei Filmvorführungen an einem Sonntagvormittag
um 10:30h waren vorgesehen. Fast wie
Matinées... doch anders gedacht. Drei Filme
im Kino Wellenberg, vorgängig kurze Einführungen,
dann die Woche drauf Diskussionen
und Gespräche in den Vereinen. Ladri di bicicletti, Sciussa, Himmelsspiele - so hiessen die drei Filme glaub ich. Ein «Himmelsspiel»
gab's damals im 1952/53 fast – als
ein indirektes Verbot kam: Sonntagsvorführungen sind nicht gestattet... von wegen
was? Wegen Hauptgottesdienst am Sonntag!
Wie sich doch die Zeiten ändern!
Dass dann die Gespräche nicht liefen – weil ja nie jemand so was gemacht hatte – ist verständlich. Und in mühseliger Arbeit entstand der Filmkurs – ein halbes Jahr Schulung mit gegen 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Es ist wahrlich eine lange Geschichte, die
es zu erwählen gäbe! Die Wandlung vom «Filmkreis Zürich der katholischen Jugendorganisationen»
zum heutigen «Katholischen
Filmkreis Zürich».

Am Anfang war die Arbeit im Filmausschuss ein fester Bestandteil (daneben kamen die Vorarbeiten im Stamm, gleichbedeutend mit dem Vorstand), der jahrelang andauerte. Eine schriftliche Arbeitsliste lag vor, darauf die zu behandelnden Punkte – und immer: ein Filmtitel und Diskussionsleiter. Nächste Aufgaben und nächster Film und Diskussionsleiter...
Das mag so einfach tönen – doch diese Ausschuss-Sitzungen waren der Grundstock all unseres Beginnens und Fortführens. Es wurde nicht «nur» in Organisation gemacht – im Vordergrund stand die Auseinandersetzung auch mit dem aktuellen Film.
Heute muss man sich fragen: wie war das nur möglich? So intensiv und straff? – Möglich war das, weil in diesem Filmausschuss die Gruppenleiter, die Kreis- und Ressortleiter versammelt waren, die um sich weiter Leute hatten, denen sie etwas weitergeben wollten.
Oh gute alte Zeit! Ja – Veränderungen hat es schon gegeben und mit diesen haben auch wir uns verändert. So ist mir ein Satz aus einem Buch immer wieder nachgegangen, der auch über der KFZ'ler Arbeit stehen könnte:
«Beginnen» ist alles, Unterwegs sein schon ein Ziel.
Begonnen haben wir vieles. Zyklen, Schulungen, Auseinandersetzungen mit und um Film – aber auch um Strukturen und Konzepte ist es gegangen. Teils harte Gespräche und Nerven kostende Ereignisse...
Geblieben sind Erinnerungen – die schönen nur?
Höhepunkte waren sicher immer die Gesammtzusammenkünfte. Daraus nur «wild» herausgegriffen jene von 1960:
An einem Samstag um 16:45 – 17:00 Uhr. Der ganze KFZ wurde in fünf Gruppen aufgeteilt und Treffpunkte waren Sihlpost, Löwenstrasse 56, Talacker 50, Landesmuseum, Schweizergasse. Und auf der Einladung stand weiter:
«Allfälliges Kennzeichen ist die Einladung. Unter Umständen ist es gut, motorisiert zu erscheinen – auch ein Trottinet kann Vorteile bieten! Noch etwas Wichtiges: Pünktliche sind bevorzugt!»
Diese fünf Gruppen mussten sich an den genannten Treffpunkten sammeln, ein Stadtplan wurde mitgeliefert und am Treffpunkt selbst dann wurden die Aufgaben übergeben:
1. Gruppe: musste sich auf dem Gebiet der Stadt Zürich um die Anschlagkösten bemühen (wo unsere Veranstaltungen angeschlagen sein sollten).
2. Gruppe: bekam den Auftrag, Kurz-Referate von drei bis fünf Minuten zusammenstellen über eine Auswahl gegebener Themen (so etwa: Filmdiskussion, Filmkreisarbeit, der Regisseur, Filmtechnik, Pro Kriminalfilm, Contra Kriminalfilm usw.)
3. Gruppe: hatte Kontakt aufzunehmen mit den Pfarrei-Geistlichen und sie zu befragen: Was wissen Sie vom KFZ? Wünsche? etc.
4. Gruppe: suchte Kinos auf und erfragte: Name des Besitzers, Platzzahl des Kinos, Vorschau auf das Winterprogramm, Publikumsquerschnitt
5. Gruppe: befasste sich mit dem Kochen und bereitstellen des Nachtessens.
Nun, wie das wohl verlaufen ist? Sicher nicht langweilig. Und so wäre wohl noch manche Gesammtzusammenkunft mit zu erwähnen. Immer jedoch – und das ist halt trotz allem noch geblieben – wollten die Gesammtzusammenkünfte in etwa Rückschau halten über das verflossene Jahr, die getane Arbeit oder nicht getane Arbeit, aber auch vorwärts blicken. Schwerpunkte setzen und wie meist um die Jahreswende – gute Vorsätze fassen!
Und wenn ich das 50. Bulletin durchsehe und von den Subventionen lese – so muss doch wenigstens erwähnt werden, dass auch hier sich einiges verändert hat. Dass wir ganz am Anfang uns mit Zyklen «durchschlagen» konnten, hat sich bald einmal geändert.
Und heute? Heute ist es nicht einfacher geworden – man zirkelt sich durch und ist froh, wenn wir nicht stundenmässig abrechnen müssen und der grösste Teil all unseres Schaffens auf freiwilliger Basis geschieht.
Vom Schmalfilm, von der Bildungsarbeit, von der internen und externen Schulung ist anderswo zu lesen. Eingeschoben eine Episode zur Bildungsarbeit und über unsere eigene Beweglichkeit: An einem Osterkurs wurde Filmschulung grossgeschrieben. Einige Hundert aus der ganzen Schweiz waren versammelt – alles Vorstände und Jugendleiter!
Verantwortlich für diese Filmschulung zeichnete der KFZ. Höhepunkt? Es gab einen...als der Film im grossen Saal allen Teilnehmern vorgeführt werden sollte, erschien das Bild – doch kein Ton! Um alles in der Welt nicht. Was tun? – Kurz entschlossen stieg einer von uns im Dunkeln auf die Bühne, nahm einen Stuhl mit und kommentierte den Film. Auch das eine Preisfrage: wer war's?

Wie gesagt: von der Schulung ist anderswo auch noch zu lesen – das «Meisterstück» will ich aber doch noch anführen – die Filmwoche an und für die Töchterschule. Es liest sich alles so leicht – im nachhinein. Doch dass gerade die Film-Woche unsere ganze Arbeit beeinflusste und für später auch mitbestimmte, ist nicht unwesentlich festzuhalten. Denn die Vorbereitungen für diese Woche waren mindestens ein halbes Jahr lang ganz intensiv. So intensiv, dass wir unsere eigene interne Arbeit etwas zurückstellen mussten. Die Besinnung kam...! Einmal an der Filmwoche selbst – am ersten Tag – den Töchtern zeigen wir einen Polanski als «Hors d'oeuvre» und sie schreiben uns darüber einen Aufsatz. Die Aufsätze kamen – und damit unser Erstaunen, denn die Aufsätze waren überdurchschnittlich gut und wir mussten uns sagen und fragen: was sollen wir «denen» noch beibringen?! Die sind ja mit den Medien aufgewachsen! Doch es lief auch für uns gut bis ans Ende.
Die Besinnung kam für uns am Ende der Woche : wieder zurück zu unserer eigenen Arbeit – doch irgendwie scheint mir, hatte diese Woche uns selbst mit-verändert...
Weitere «Marksteine» waren wohl ausführlich zu beschreiben: eine Woche mit religiösen Filmen im Kino Bellevue, die Ungarische Filmwoche, das Werner Herzog-Weekend (mit damals sämtlichen Filmen)...als Beispiele. Ich will es sein lassen – kneife aber nicht mit der Bemerkung: so ganz von gestern waren (und sind) die Filmkreisler mit der Arbeit, den Aktionen und Veranstaltungen gar nicht...
Ein weiteres Thema für sich – der Filmtip und die Filmtippergruppe. Was war das? Es hiess irgendwo wörtlich: «Die Tippergruppe sieht sämtliche neuen Spielfilme in den Kinos an – und tippe sie für den täglichen Filmtip in unseren Tageszeitungen von Zürich und Winterthur und teilweise jetzt auch im Albis. (Nach der Besichtigung und Wertung des Tippers wird schriftliche Kritik angefertigt).»
Ich weiss – viele «Heutige» schmunzeln, wenn sie die ganz alten Kritiken lesen – auch über Diskussionen von damals könnte man lächeln, gar mit dem Doktor aus dem Dorf am Fluss – doch was da an enormer, freiwilliger Arbeit geleistet wurde, ist grossartig. Nur wenige Kinos wurden nicht «bewertet», und die Tippergruppe mit ihren Tip-Chefs schliefen fast mit dem Tagblatt-Magnet!
Erwähnen möchte ich auch, was in Nr.50 ein Wunsch war: unser Lokal! Nun sind wir an die zehn Jahre an der Hottingerstrasse im Keller zu Hause gewesen. Manchmal wollten Architekten und solche, die es durch uns werden wollten, unseren Raum neu gestalten. Vielleicht haben sie's gemerkt, dass wir nicht bleiben konnten! Auch das war ein Vorsatz... Immerhin – der Wechsel von Besprechungen und Sitzungen und Ausschüssen in Wirtschaftslokalen und Sälen – zu unserem eigenen Lokal hat sich gelohnt. Es war ein wichtiger Schritt. Was in diesem nicht gerade allzu freundlichen Keller doch alles gemacht wurde: geplant und ausgeführt, geplant und verschoben, budgetiert und gerechnet, visioniert und diskutiert.
Irgendwie wird es die einen oder anderen schon etwas berühren, wenn sie beim Zügeln auf uralte und bekannte Aktenstücke stossen. Wird wohl unser neues Lokal neuen Auftrieb geben? Auftrieb zu neuen Diskussionen und Anlässen und Aufgaben? Zu neuen Gesprächen über «Sinn und Zweck»? Wird es zum Beispiel wieder heissen: Clubkino KFZ? Visionierungen für alle – und so?
Berichten müsste ich von all den unzählig vielen Stunden, die viele unermüdlich im Stillen geleistet haben: durch Schreibarbeiten, durch Kontakte, Gespräche, durch die «Büros»... denn auch eine Rechnung will gut geführt sein und die Briefe müssen auch geschrieben werden! Darum will ich wenigstens zum 100. einmal ALLEN einfach danken. Ich müsste Namen nennen – doch ich hab's am Anfang unterlassen und will es auch jetzt. Vielleicht wäre es wichtig gewesen zu sagen, was der KFZ eigentlich ist. Sicher kein Verein. Eine Bewegung, eine Idee? Nun denn – so will ich Douglas Sirk zitieren, der irgendwo sagte: «Man kann nicht Filme über etwas machen, man kann nur Filme mit etwas machen, mit Menschen, mit Licht, mit Blumen, mit Spiegeln, mit Blut, eben mit all diesen wahnsinnigen Sachen, für die es sich lohnt.»...
Und wenn ich vom «Beginnen» gesprochen – so möchte ich den Faden dort wieder aufnehmen: das Ziel kennen wir – soll ich von weiteren 100 Bulletins schreiben? – bedenken wir: «Am Fuss des Leuchtturms ist kein Licht»... Steigen wir also aufwärts. Und machen wir all «diese wahnsinnigen Sachen», für die es sich lohnt unterwegs zu sein.
Eugen Waldner

Nach 100: Ausblick - eine mögliche Sicht der Zukunft
Nicht als abgebrühter Cinéphiler trat ich dem Katholischen Filmkreis Zürich bei, sondern als durchschnittlicher Kinogänger, der im Film nebst Entspannung auch Antworten auf persönliche Lebensfragen suchte. Der sogenannte Problemfilm entliess mich oft aufgewühlt, ohne jede Möglichkeit, die durcheinandergeratenen Gefühle mit einem ebenso filminteressierten Freund kritisch zu besprechen. Ein Filmclub schien mir der geeignetste Ort zu sein, wo sich gleichgesinnte in offener Auseinandersetzung zum Problem Film begegnen.
Die Aufnahme im Katholischen Filmkreis Zürich war herzlich und ich wurde sofort mit Papier und Arbeit eingedeckt. Wie sich zeigte, versteht sich der Filmkreis eben nicht als Verein, der möglichst viele Mitglieder in seine Reihen aufzunehmen versucht, sondern als Arbeitsgruppe, in der jeder, seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten gemäss, zum Mitarbeiter wird. Nach meiner ersten Filmkritik, die widererwarten im FILMBULLETIN abgedruckt wurde, und nachdem ich mir ein paar filmtechnische Fremdwörter angelesen hatte, fühlte ich mich im Kreise etwas wohler. Doch folgender Eindruck stellte sich mir mit der Zeit ein: Die Filmkritiken meiner Kreiskameraden verrieten mir mehr über ihr persönliches Denken und Fühlen, als dies an den Arbeitssitzungen zum Ausdruck kam. Verhinderten Arbeit, Papier und Filmjargon eine persönliche Begegnung?
Die Nummer 100 des FILMBULLETIN bietet mir eine gute Gelegenheit, die Geschichte des Filmkreises auf dies mein Bedürfnis - der Filmkreis ein Ort der Begegnung im Gespräch – hin zu untersuchen. Der Filmkreis umschrieb seine Filmarbeit wie folgt: «In der katholischen Filmarbeit liegt die Verpflichtung zum Apostolat am Nächsten näher als der Dienst an der Filmkultur./ Das Filmangebot kritisch zu begleiten und Orientierungshilfen für eine christliche Lebensgestaltung anbieten./ Sich mitverantwortlich zu fühlen für diejenigen (speziell Jugendliche), die im Einflussbereich der Massenmedien stehen./ Wir sehen bei unserer Arbeit immer auch den einzelnen Menschen mit all seinen Problemen und Fähigkeiten.»
Sinn und Zweck der Filmarbeit waren immer
wieder umstritten und neu diskutiert. Zwei
Konstante bestimmten das Wirken des
Filmkreises:
1. Der Filmkreis wurde von Laien aufgebaut, die durch ihren persönlichen und zeitintensiven Einsatz Pionierleistungen in der katholischen Medienarbeit Zürichs leisteten.
2. Der Filmkreis war immer offen und wandlungsfähig. Seine Fähigkeit zur Selbstkritik und Neubesinnung führten ihn immer wieder zu einer geschickten Anpassung an neue Erfordernisse.
Der katholische Filmkreis, ein Zögling der Katholischen Jugendorganisationen Zürichs stürzte sich mit moralischem Eifer in die Schlacht gegen den «schlechten» Film. Begriffe wie kirchliches Wächteramt, gesunde Moral und Sittlichkeit, christliches Menschen- und Weltbild kollidierten auf einmal mit einem «erotisch entblössten Busen», was stundenlange Diskussionen über denselben absetzte. Die Phase der moralischen Bevormundung wurde indess bald durch seriöse Filmbildungsarbeit abgelöst. Nicht mehr «Warnung vor dem schlechten Film», sondern «Hinführung zum guten Film», war die Arbeitslosung – von verurteilen zu beurteilen.
Durch Zyklen, Vorträge, Filmgespräche,
Kritiken, Tips, Schulungsweekends, Schmalfilmkatalog
und eigene Bibliothek entstand ein
umfangreiches Filmbildungsmaterial, das
durch Filmbulletins, Presseartikel und Referentengruppen eine starke Verbreitung
erfuhr. Die Wissensvermittlung bestand in der
Bewusstmachung der Wirkmechanismen des
Bildmediums Film und dessen technisch, ökonomisch und gesellschaftlichen Abhängigkeiten.
Harte Auseinandersetzungen fanden in der Gegenüberstellung von ethisch-moralisch
und formal-ästhetischen Filmansprüchen
statt. Nichts kann die filmschulischen
Leistungen des Filmkreises schmälern, auch
wenn durch die enorme Arbeitsbelastung seiner
Mitarbeiter das persönliche Gespräch ein wenig verloren ging. Aus Filmbulletin im Jahre 1965: «In den Filmkreisen wird viel geredet, informiert, diskutiert,
debattiert, analysiert und funktioniert. Haben wir in der Geschäftigkeit das Gespräch
verdrängt?» Eine Gefahr, die allerdings auch
ausserhalb des Filmkreises lauerte und
beobachtet wurde. So wurde nach einer
Filmarbeitswoche (die allerdings nur von einigen
Mitarbeitern des KFZ besucht, nicht aber
vom KFZ durchgeführt wurde) bedauert, dass
es nicht gelungen war, genügend
Filmgesprächsleiter heranzuziehen, die sich auch
vor einem persönlichen Engagement im Gespräch nicht scheuten. Wörtlich aus dem
Bericht über diese Filmarbeitswoche: «Schade,
dass sich die Auseinandersetzung nur in
ästhetischen Bahnen bewegte. Der Mangel an
Engagement in einer Diskussion über Inhalt und
Gehalt lässt das Gefühl zurück, dem Gespräch
fehle die Basis und es bleibe nur in olympischen Gefilden.»

Eine kritische Feststellung anlässlich einer Diskussion über Form und Inhalt eines Films zielte in dieselbe Richtung: «Das Filmgespräch beinhaltet eine Auseinandersetzung mit Form und Inhalt und sollte immer auch eine persönliche Stellungsnahme sein. Eine einseitige Betonung von filmgerechter Analyse kann auch ein Ausweichen in Aesthetizismus – ein Hinausschieben und Ausklammern des moralischen Urteils, eine Flucht vor ethisch-existentieller Stellungsnahme sein.»
Filmerziehung nur als reine Wissensvermittlung zum kritischen Umgang mit Medien verstanden übersieht, dass religiöse und mediengerechte Bildung der Jugend allein nicht genügt, um kritische und urteilsfähige Jugendliche heranzubilden. Die Jugend (und wir alle) braucht Diskussion/Gespräch in allen Lebensabschnitten und Lebensproblemen. Es darf aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass an den Gesamtzusammenkünften des Filmkreises beim festlichen Zusammensein wertvolle persönliche Kontakte und Gespräche stattfanden. Nach den reichen Erfahrungen mit der Filmbildungsarbeit lässt sich eine neue Marschroute des Filmkreises feststellen. Weg vom moralisch-ethischen Bewerten des Filmangebotes und hin zu einer kunst- und mediengerechten Erfassung der Wirklichkeit Film. Gestaltung und Inhalt diverser Sonderbulletins belegen die schon fast professionellen Ansprüchen genügende Filmkreisarbeit. Die Kirche kann sich im Umgang mit Fragen der Massenmedien keine fachliche Inkompetenz erlauben, es ist aber auch nicht ihre erste Aufgabe, elitären Fachjournalismus zu betreiben.
Wenn man von der Annahme ausgeht – die leider noch weitgehend Wunschbild ist –, dass die Medien-Erziehung langsam Einzug in die öffentlichen Schulen hält und dass die Medienkritik von Tagespresse und spezialisierten Fachzeitschriften wahrgenommen wird, so würde sich für einen fachlich gutgerüsteten Filmkreis ein neuer Arbeitsbereich erschliessen - den der mediengerechten Verstehenshilfe in der Förderung von Kommunikation mittels Filmgespräch.
Fellini umschrieb sein filmisches Anliegen einmal wie folgt: «Nämlich das der Kommunikation unter den Menschen. Es ist im Grunde ein christlicher Antrieb. Unsere Mitmenschen zu verstehen, unsere Nächsten zu begreifen lernen. Einkehr halten in uns und uns nach dem Nächsten umsehen», mittels Film + Gespräch.
Inhalt eines Filmgesprächs ist der Mensch angesichts des Films, während in einer Filmdiskussion der Film in der Gesellschaft, seine Kunstform und Wirkweise im Mittelpunkt stehen. Gerade weil der Film eine emotionale Sprengkraft hat, die in tiefe seelische Bereiche vorzudringen vermag, ist eine gemeinschaftliche Aufarbeitung des Filmerlebnisses günstig. Filmapostolat als Vermittlung und Förderung zwischenmenschlicher Kommunikationsfähigkeit. Das Bedürfnis nach Orientierung und das Verlangen nach Kontakten ist gerade im Zeitalter der Massenkommunikation unübersehbar, denn nichts scheint schwieriger als sich in unverstellter zwischenmenschlicher Begegnung über das zu verständigen, was jeden von uns am unmittelbarsten betrifft. Die Gestaltung eines Filmgesprächs ist schwierig, gilt es doch dem Menschen wie dem Film gerecht zu werden. Ohne persönliches Engagement und ohne fachliches Wissen geht es nicht.
Der Filmkreis ein Ort der Begegnung – ein Auftrag und eine Chance für den Filmkreis selber!
Josef Erdin