Es ist, als würde David Harbour (Stranger Things) nur existieren, um für uns 2022 den Weihnachtsmann zu mimen. Als solcher tritt er in Violent Night auf, einem Film, bei dem geradesogut alles hätte schief laufen können. Auf Papier zumindest: Ein bisschen Actionfilm à la Die Hard, ein bisschen Familien-Comedy im Stil vom geliebten Home Alone, sogar ein Stück romantischer Weihnachtsklassiker wie The Miracle on 34th Street (Das Wunder von Manhattan) stecken hier drin.
Und Bad Santa. Auch Jingle all the Way. Sogar National Lampoons Christmas Vacation. Das Drehbuch zu Violent Night muss sich wohl so lesen, als hätte jemand alle diese Filme an einem Tag in doppeltem Tempo durchgesehen und dann mit etwas Ritalin das Drehbuch für diesen Comedy-Action-Heist-Movie geschrieben – und mit einer Prise jener Gewalt gewürzt, die wir sonst eher aus Zombiefilmen kennen.
Regie führte Tommy Wrikola, der mit Dead Snow und Hansel & Gretel: Witch Hunters schon zweimal aggressiv-humorvolle Horrorsatiren vorlegte. Aber wer auch bei diesem Amalgam mit einem straighten Horrorfilm rechnet, liegt falsch.
Eher ist es ein Weihnachtsmärchen für Erwachsene, in dem es nicht nur den Samichlaus David Harbour gibt, sondern auch die gierige und milliardenschwere Familie, die Lightstones, angeführt von der Matriarchin Gertrude (Beverly D’Angelo). Ausgerechnet an Heiligabend werden sie von «Mr. Scrooge» (John Leguizamo) und seinem Team böser Weihnachtselfen (eher: amerikanischen Ex-Militärs mit kriminellem Appetit und automatischen Maschinengewehren) auf ihrem riesigen Anwesen in Geiselhaft genommen.
Weihnachten, mit etwas Gewalt gewürzt: Was will man mehr? Bild: © Universal Pictures
Was nun folgt, ist kaum ein Geheimnis, denn wer in den Trailer hineinschaut, sieht dort schon den blutüberströmten Weihnachtsmann Harbour, der – eigentlich gemütlich-lakonisch und sich sonst eher über die Whiskeyflaschen denn über die bereitgestellten Kekse und Milchgläser freuend – ebenfalls auf dem Gelände war und sich nun den Bösewichten annehmen muss.
Wie gesagt: Irgendwie hätte das alles mit Pauken und Trompeten untergehen müssen, wären Leguizamo und Harbour nicht so wahnsinnig unterhaltsam und wäre der Film selbst nicht so kompetent erzählt. Wer Freude an der Prämisse hat, darf sich ab dem fulminanten Tempo und der ausufernden Gewalt freuen, mit der hier zwei Stunden lang verfahren wird.
Nichts davon reiht sich in einen gradlinigen Plot, immer wieder wechselt der Film zwischen den Action-geladenen Einbruchszenen und den satirisch-lustigen Eskapaden einer Familie, in der selbst angesichts der Drohung keine Einigkeit darüber herrscht, wer nun das Erbe am meisten verdient hätte. Auch gibt es ein Mädchen, das sich als Weihnachtsgeschenk nichts sehnlicher wünscht, als dass ihre Eltern wieder zusammenfinden. Hier kommt alles zusammen.
Und der Scrooge, der nicht zufällig an Heiligabend in die Villa der Lightstones marschiert ist, hat seinerseits eine Rechnung mit Santa offen und möchte – wieso nicht – seinem Charles-Dickens-Vorbild ähnlich, Weihnachten am liebsten für immer vom Tisch haben. Und so weiter, ein Potpourri der besten Weihnachtsklischees, spielerisch ironisch als Geschenk verpackt. Die Schleife rundherum ist hier natürlich Santa, wie er zu den lieblichen Klängen von Darlene Loves «Baby Please Come Home» den schweren Hammer aus seinem Beutel zaubert.
Es sind der Überraschungseffekt dieser Mischung und die Kühnheit, mit der das Groteske hier durchgezogen wird, die überzeugen. Besonders in einer Kinolandschaft, in der anderswo lieber auf gewohnte Bahnen, auf den hundertsten Marvel-Film zum Beispiel, gesetzt wird (liebe Universal Pictures: wir wünschen uns zu Weihnachten 2023 kein Sequel, wir behalten diesen hier).
In Violent Night wird inszeniert, getan, erzählt, die Lichterkette so geschwungen, dass sie einem Einbrecher den Hals abschneidet und sein Kopf durch den Schnee rollt. Ohne Pardon.