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Parlez-moi de la pluie

Text: Kathrin Halter / 15. Apr. 2009

Agnès Jaoui und Jean-Pierre Bacri sind für vieles berühmt geworden: Als die Jabacs tituliertes Powercouple des französischen Autorenfilms; als erfolgreiches Drehbuchautoren-Gespann und als Schauspieler in eigenen und fremden Filmen; Jaoui seit Le goût des autres (2000) auch als Regisseurin gemeinsamer Projekte. Geachtet werden die Jabacs zudem für ihr feines Gespür für soziale Hierarchien, für ihre Kunst, in Ensemblefilmen der französischen Gesellschaft elegant geschwungene Spiegel vorzuhalten – sowie für die Unbeschwertheit, mit der sie das Unglück ihrer Figuren einfangen.

Denn deren Pech im Leben ist unser Vergnügen im Kino. Dies gilt zumindest für die Rollen von Jean-Pierre Bacri, wenn er den sympathischen Tölpel gibt und mit blindem Enthusiasmus und grimmiger Komik von einem Missgeschick ins nächste rennt. Sein liebenswerter Bourgeois aus §le goût des autres, der sich im unvertrauten Künstlermilieu zum Narren macht, ist da noch in schönster Erinnerung.

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In Parlez-moi de la pluie spielt Bacri einen unbekümmert dilettierenden Filmemacher, Michel, der – dauernd abgelenkt – das Porträt einer feministischen Politikerin dreht. Einen Produzenten hat er keinen, dafür ist er mit der (verheirateten) Schwester der porträtierten Agathe Villanova heimlich liiert. Wenn Michel vergisst, die Kamera anzustellen, während die – von Jaoui gespielte – Interviewte rhetorisch endlich in Schwung kommt; wenn er seine Ungeschicklichkeit überspielt und dabei sein schlaumeierisches Grinsen aufsetzt; wenn Regen oder eine blökende Schafherde den xten Auftritt vermasseln und Michel dabei so unschuldig verdattert dreinschaut wie ein getretener Dackel, dann sind ihm Gelächter wie Sympathie gewiss. Dabei wird Michels Pech gewissermassen orchestriert durch das Unglück aller anderen: Agathe, der selbstgewissen Politikerin, wird während der Dreharbeiten im früheren Elternhaus auf unangenehme Weise bewusst, wie unbeliebt sie sich mit ihrer forschen Art bei ihrer Schwester und ihrem vernachlässigten Freund gemacht hat; die Schwester ist mit ihrem Leben sowieso unzufrieden, und Michels Kameraassistent Karim, der Agathes Feminismus ins Lächerliche zu ziehen versucht, überspielt damit vor allem seine Wut und Scham über die Lebensumstände seiner algerischen Mutter, die Agathes Familie seit langem selbstlos dient. Jeder fühlt sich also auf seine Art benachteiligt – und pflegt seinen Opferstatus wie ein liebgewordenes Refugium, wie es Jaoui und Bacri in einem Interview einmal formulieren.

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Es sind von Jaouis früheren Filmen her vertraute Themen, die die Comédie dramatique variiert: Erneut geht es um gesellschaftlichen Erfolg und Misserfolg (und um die Gründe dafür); um (fehlende) Anerkennung in der Familie und im sozialen Umfeld – oder allgemeiner gesprochen: darum, wie wir uns über den Spiegel definieren, den uns andere vorsetzen.

Während Jaouis letzter Film Comme une image (2004) das Thema sehr ernst, mit fast schmerzlicher Konzentration angeht, ist der Tonfall von Parlez-moi de la pluie deutlich komödiantischer und knüpft damit bei §le goût des autres an. Die kleinen Dramen von Haupt- und Nebenfiguren werden mehr angedeutet als ausgeführt; die Montage setzt zwischen eher kurzen Szenen punktgenaue Schnitte. Rhythmisiert wird der Ablauf der Szenen auch durch ein paar wiederkehrende, meist klassische Musikstücke, die den Handlungsverlauf interpunktieren und dem Ganzen einen beschwingten, leicht theatralischen Anschein verleihen. Auch dieses Stilmittel kennt man aus früheren Filmen der Jabacs.

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Und doch zeigt gerade ein Vergleich mit Le goût des autres, was §parlez-moi de la pluie zunehmend fehlt: eine Genauigkeit in der Figurenzeichnung, die über die präzise Skizze hinausgeht; ein menschliches Drama und gesellschaftliches Gruppenporträt mit wirklicher Tiefenschärfe. In Le goût des autres hat Bacri als verunsicherter Bourgeois ja vor allem deswegen berührt, weil er – nicht zuletzt uns Zuschauer – so überrascht hat, weil den geistig angeblich minderbemittelten Fabrikanten alle so unterschätzt haben. Michel kann man nicht wirklich unterschätzen. Er bleibt bis zum Filmende so einfach gestrickt, wie er auf den ersten Blick erscheint: Er ist, bei aller Sympathie, immer eine Spur zu berechenbar, um wirklich ernst genommen zu werden. Jaoui wiederum verkörpert ihre Rolle mit gewohnter Lebhaftigkeit. Allerdings hat Agathe in ihren Auseinandersetzungen allzu leicht durchschaubare Kontrahenten; ein überraschendes, interessantes Gespräch, das über Klischees über ehrgeizige Politikerinnen hinauskommt, kommt so jedenfalls nie in Gang. Das enttäuscht etwas bei Agnès Jaoui, deren Rollen zu den interessantesten Frauenfiguren des französischen Gegenwartskinos zählen.

Trotz solcher Einwände bleibt das Vergnügen, mit Jaoui und Bacri liebgewordenen alten Bekannten wiederzubegegnen. Und Vergnügen besteht hoffentlich nicht nur für treue Jabacs-Anhänger. Denn da ist zum Beispiel immer noch diese Beiläufigkeit, mit der die zwei auf den Punkt bringen, worum es ihnen geht. Etwa in der Kiff-Szene: Michel dreht Agathe während einer Interviewpause einen Joint an, und während die grinsend Bekifften allmählich den Gesprächsfaden verlieren und sich plötzlich mehr für die Ameisen am Boden als für Politik interessieren, kommen sie, entspannt assoziierend, sich und ihrem Gesprächsanliegen auf einmal viel näher. Es ist fast, als wohne man für kurze Zeit der Alchemie eines kreativen Prozesses bei, wie sie den Jabacs bestens vertraut sein muss.

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Dieser Artikel ist in der Printausgabe Nr. 3/2009 erschienen. Stöbern Sie in unserem Ausgabenarchiv.

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