Die Geschichte einer Freundschaft, aus der schliesslich die grosse Liebe wird – als Variante des immer wieder neu interpretierten «Harry und Sally»Themas kommt Lone Scherfigs One Day, eine britischamerikanische Koproduktion, daher. Erst ganz zum Schluss wird klar, dass die Geschichte doch anders verläuft, als man erwartet: Die romantische Komödie wird zur Tragödie, wie zumindest die Millionen Leserinnen der Romanvorlage von David Nicholls wissen.
Denn auch One Day ist, wie schon An Education, Scherfigs letzter, in Grossbritannien gedrehter Film, eine Romanadaption. Die Dänin scheint sich damit, seit sie im Ausland mit grösseren Budgets und internationalen Schauspielern arbeitet, sicherer zu fühlen als mit eigenen Drehbüchern. Gelungen aber ist One Day trotzdem nicht; und man mag darüber spekulieren, ob es am Einfluss der US-amerikanischen Produzenten lag, dass die Inszenierung in jeder Hinsicht konventionell bleibt.
Von ihrer ersten Begegnung an, bei der Emma und Dexter nach einer feuchtfröhlichen College-Abschluss-Party im Bett landen und keinen Sex haben, steht natürlich fest, dass die beiden trotz aller Widrigkeiten am Ende zusammenkommen werden. Bis dahin muss man beider Lebenswege, parallel montiert, verfolgen, und das geht artig auf: Dexter ist draufgängerisch, hübsch und bald erfolgreich als Fernsehmoderator, Anne ist mit Brille und hochgezogenen Schultern – gibt es denn wirklich keine anderen Mittel, um Introvertiertheit und Intellekt anzudeuten? – vorläufig als Versagerin gezeichnet. Klar, dass sich die Verhältnisse umkehren, und klar auch, dass sich die beiden, wenn sie sich einmal im Jahr treffen, mal ganz fremd und dann wieder ganz nah sind.
Dexter hat einen erstaunlichen Frauenkonsum, Anne ist mit einem nicht sehr begabten Standup-Comedian zusammen, Dexter säuft und kokst, Anne schreibt, sie streiten und versöhnen sich und verlieren einander zwischendurch aus den Augen.
Dexter heiratet und wird Vater, Anne heiratet nicht, sondern wird erfolgreiche Schriftstellerin in Paris. Und so weiter.
Routiniert spult die Dramaturgie die einzelnen Stationen einer Aus Freundschaft wird Liebe-Komödie ab, und man fragt sich die ganze Zeit, warum das in diesem Fall so langweilig ist. Vielleicht weil der schnelle Auf und langsame Abstieg Dexters auf der glatten, hübschen Oberfläche des Schauspielers Jim Sturgess keine Spuren hinterlässt und man ihm nicht einmal das Betrunkensein abnimmt, gerade weil er sich so sehr bemüht. Oder weil die strahlende Schönheit der auf sperrig und unbeholfen getrimmten Anne Hathaway überall durchblitzt, weil sie eben nicht schafft, diese Emma zu sein. Es gibt keine Dynamik, keine Leidenschaft, keine Enttäuschungen, die man einem der beiden abnehmen würde. Ihr Scheitern ist behauptet, kokett.
Lone Scherfig ist mit Italiensk for Begyndere international bekannt geworden, einer witzigen, nachdenklichen, beiläufigen Komödie über Liebesfreud’ und leid zwischen Durchschnittsmenschen in einer dänischen Kleinstadt. Der Film war unter «Dogma»Bedingungen gedreht, an realen Schauplätzen, ohne künstliches Licht, ohne Masken oder Kostümaufwand, teils mit Laiendarstellern. Scherfig gelang es damals perfekt, diese äusseren Parameter zur Visualisierung von Seelenzuständen zu nutzen, das Beste aus ihren Schauspielern herauszuholen und der Banalität ihres Sujets genau jenen Hauch von Würde zu verleihen, der Publikum und Kritik gleichermassen begeisterte.
Bei One Day scheint es beinahe umgekehrt zu sein: Je grösser der Aufwand, der um sie herum betrieben wird, desto erbarmungswürdiger wirken die Figuren und ihre Darsteller, die einfach nicht wussten, wie sie ihnen zu Leben verhelfen konnten. Und offenbar hat es ihnen auch niemand gesagt.