Spätestens seit The Big Short (2015) Margot Robbie ins Schaumbad setzte, um dem Publikum die relevante Börsenterminologie zu erklären, ist klar: Will man Zuschauer:innen die undurchschaubaren Ränkespiele der Hochfinanz, die ja nicht wenig Einfluss auf das politische Weltgeschehen ausüben, halbwegs nachvollziehbar vermitteln, muss irgendein Gimmick her.
In Adam McKays stilbildender Satire waren es die poppigen «Real Talk»-Einschübe, in Carmen Losmanns Oeconomia (2020) die selbstreferenzielle Möbiusband-Struktur, mit der sich die Regisseurin der kalkulierten Substanzlosigkeit im Herzen des Milieus annäherte. Im Vergleich wirkt die Strategie von Simon Helblings Game Over: Der Fall der Credit Suisse geradezu rudimentär: dramatische Musik, rasante Schnitte, verschwörerisch verkritzelte Grafiken, knackige One-Liner illustrer Interviewpartner:innen.

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Nach einer zu einem Drehbuch umfunktionierten Investigativrecherche von Arthur Rutishauser, Chefredaktor der mitproduzierenden Tamedia-Publikation «SonntagsZeitung», rollt Game Over den Untergang der Grossbank Credit Suisse auf, die 2023 nach Jahrzehnten der Skandale vor dem endgültigen Kollaps stand und von ihrer Hauptkonkurrentin UBS übernommen wurde.
Wer die Angewohnheit hat, den Wirtschaftsteil der Zeitung bestenfalls zu überfliegen, bekommt hier eine auf mundgerechte Häppchen heruntergebrochene Zusammenfassung der modernen CS vorgesetzt: von den wilden Siebzigern mit dem grossen Chiasso-SKAndal (sic) über die Achtziger und Neunziger, in denen die CS die professionelle PR-Arbeit und Investmentbanking nach US-Vorbild für sich entdeckte, bis ins 21. Jahrhundert, wo ein Debakel das nächste zu jagen schien.

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Dass dabei die UBS – trotz der einen oder anderen Anspielung auf ihre eigenen zwielichtigen Machenschaften – als seriös-spröderes Gegenstück zum Enfant terrible CS positioniert wird, ist indes nur der kleinste Störfaktor in der Interpretation von Rutishauser und Helbling. Schwerer ins Gewicht fallen hier die boulevardesken Verkürzungen: die stellenweise arg zusammengepappt wirkenden Interviewfetzen, deren Kontext kaum ersichtlich ist, das Reduzieren der Schuldfrage auf das simple Hervorheben von einzelnen «schlechten» CEOs und Verwaltungsratspräsidenten, die weitgehend ausbleibende Hinterfragung des Systems und der Kultur, in der die CS schaltete und waltete – vom politisch ungefährlichen Anprangern hoher Boni-Zahlungen einmal abgesehen.
Mit seiner implizit wohlwollenden Inszenierung gewisser Exponent:innen – vorab der Ex-CS-CEOs Oswald Grübel und Joe Ackermann sowie Medienlegende Roger Schawinski – spukt mitunter auch das Gespenst des Klientelismus durch Game Over, als würden Dokumentation und PR-Spin-Maschine hier nebeneinander existieren. Vielleicht operiert die offenbar fürs Streaming geplante dreistündige Miniserien-Version von Helblings Film da etwas geschickter.