Dem historiographischen Farben- und Verfärbungskomplex und überhaupt der visuellen Geschichtsvergegenwärtigung hat der Kunsthistoriker Peter Geimer eine Studie gewidmet, die das Dazwischen exemplarisch skizziert und ausmalt, die Latenz von Artefakten der Historienmalerei, Fotografie, des Kompilationsfilms, die «unentschieden zwischen beiden Polen [der geformten ‹Geschichte› und formlosen ‹Vergangenheit›] oszillieren».
Geimers Bewegung ist dabei mitunter selbst eine der vergegenwärtigenden Überbrückung, ohne Oszillation: Wenn er zu den Realismus-Classics, Kracauer, Barthes, zurückkehrt und einige Jahrzehnte Geschichts-Film-Theorie einfach überspringt, dann wäre manchmal eine grössere Palette nicht verkehrt gewesen. Und auch sein Plädoyer für eine minimal-invasive Präsentation von historischem Material hätte einen Twist gebrauchen können. Aber darum weiss Geimer natürlich, er weiss darum, dass Retrofilter
und Vergangenheitseffekte inzwischen Teil einer neuen digitalen Geschichtsgrammatik sind, deren Regeln er nicht mehr niederschreibt. Die Zukunft gehört dann vielleicht einer simulierten Geschichte.
Peter Geimer: Die Farben der Vergangenheit: Wie Geschichte zu Bildern wird. C.H. Beck Verlag. 304 S. CHF 45 / EUR 36