Vor fünf Jahren ist Claas Relotius’ Kartenhaus zusammengebrochen. Der «Spiegel»-Journalist war Jahr um Jahr mit Preisen für seine genialen Reportagen beworfen worden. Doch dann stellte sich heraus, dass er alles erstunken und erlogen hatte. Die Preise wurden ihm wieder aberkannt und der deutschsprachige Journalismus schlitterte in eine Glaubwürdigkeitskrise.
Jetzt ist Zeit für Aufarbeitung. Was ist schiefgelaufen beim renommiertesten Nachrichtenmagazin Europas? Die von Sky produzierte Dok nähert sich dem Hochstapler von den Rändern. Auskunft geben unter anderem Daniel Puntas Bernet, Chefredaktor der Zeitschrift «Reportagen», wo Relotius als Nachwuchstalent eine seiner ersten grossen Geschichten platzieren konnte und freilich auch Juan Moreno, der als freier Mitarbeiter die Aufdeckung des Skandals massgeblich vorantrieb.
Mehr Insiderinformationen blieben Regisseur Daniel Sager verwehrt. Ausser dem aktuellen Chefredaktor des «Spiegels», Steffen Klusmann, lehnten alle damals Beteiligten des Wochenmagazins eine Interviewanfrage ab. Die erschlagende Liste der angefragten Personen im Abspann spricht für sich. Die Lücken füllt der Film mit Grossaufnahmen der Lobby des Firmensitzes in Hamburg. Dort prangt das Zitat von Gründer Rudolf Augstein: «Sagen, was ist.»
Erfundene Wahrheit sagt, was neben dem ursprünglichen Skandal eben auch ist: «Der Spiegel» hat seine Glaubwürdigkeitskrise schlecht bewältigt. Immerhin macht dieser Film, wozu die vermeintliche «Speerspitze des europäischen Journalismus» offenbar nicht mehr fähig ist: Gute Recherche.