Als das Kunsthaus Zürich im Herbst 2021 seinen Erweiterungsbau von David Chipperfield eröffnete, stiess es – statt Lobeshymnen und positiver PR – erstmals viel Gegenwind. Grund war der Umgang mit der umstrittenen Sammlung des Rüstungsindustriellen Bührle, die dort untergebracht war.
Dieser hatte sein Geld vor allem mit Waffenlieferungen an die Nazis gemacht und (auch) Werke angekauft, die von Jüd:innen damals veräussert werden mussten, Stichwort «Fluchtgut». Widerspenstig gegenüber einer historischen Aufarbeitung und insbesondere Provenienzforschung zeigten sich nicht nur die Bührle-Stiftung, sondern auch das Kunsthaus und die Stadt Zürich.
Ein wohlwollender Dokfilm über die Geschichte des Kunsthaus Zürich zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb ein vonseiten Stadt und Museum sicher erwünschtes Unterfangen. Regisseur Peter Reichenbach – Produzent von C-Films, die den Film mit SRF und Arte realisierte – und Drehbuchautorin Sibylle Cazajus gehen die Herausforderung aber umsichtig an.
Durchs Höllentor ins Paradies erweist sich als informativ, etwas didaktisch. Rund 110 Jahre Bau-, Sammlungs- und Ausstellungsgeschichte werden Revue passiert, ohne heikle Themen zu umschiffen. Statements von Akteur:innen der Architektur- und Kunstszene werden mit Archivmaterial und kleinen Reenactments verbunden.

Der historische Bogen spannt sich vom Bau des Kunsthauses 1910 über eine zweite und schliesslich dritte Erweiterung des Baus 1958 – von Bührle finanziert, was schon damals für Proteste gegen den Kriegsprofiteur sorgte – bis hin zu Chipperfields Werk, das der Architekturpublizist Benedikt Loderer als «Anschlussbau des Zürcher Kunsthauses an die internationale Wirklichkeit» bezeichnet.
Aber auch Sammlung und Ausstellungen bieten im Lauf der Zeit einiges an Bemerkenswertem: etwa die Freundschaft des ersten Kunsthaus-Direktors zu Edvard Munch, die zu dessen bedeutender Werksammlung in Zürich beitrug, oder die aufsehenerregende Picasso-Retro 1932, die eigentlich ein «Verkaufsbasar» war, die Schenkung des Rodin’schen «Höllentors» durch Bührle ebenso wie der verpasste Ankauf der Giacometti-Sammlung anfangs der Sechziger.
Auch die Judaistin und Kuratorin Felicitas Heimann-Jelinek nimmt Stellung zur aktuellen Debatte: «Kunst ist nicht nur Ästhetik, Kunst hat einen Kontext… Insofern trägt Kunst einen Rucksack an Geschichte mit sich». Dass dieser Rucksack entpackt werde, sei nicht nur ein öffentliches Anrecht, sondern eine Verpflichtung, meint sie. Um dann sanfte Kritik am Info-Raum der Bührle-Sammlung zu üben, der Abgeschlossenheit vorgebe, wo es doch noch einiges zu ergänzen gäbe – etwa zu den Schicksalen der geflüchteten Juden, die ihr Eigentum veräussern mussten.
Werner Merzbacher, der als Kind jüdischer Eltern während des 2. Weltkriegs Aufnahme in der Schweiz fand, mit einer Schweizerin verheiratet ist und seine Sammlung ebenfalls als Dauerleihgabe dem Kunsthaus zur Verfügung stellte, bringt in seinem Votum seine versöhnliche Haltung zum Ausdruck. Gerade im Wissen, dass seine Gemälde im selben Haus mit Bührles Kollektion untergebracht sind. So gelingt es dem Film, ein Porträt des Kunsthauses zu zeichnen, ohne frühere Kontroversen oder die aktuelle Debatte auszuklammern – wenn auch, ohne diese zu vertiefen.