Sie fahren ins Herz und gehen ans Gemüt, die Darbietungen des Jodlerklubs Wiesenberg: das letzte Adieu, das sie einem verstorbenen Freund hinterhersingen, das Ständchen, mit dem sie die Tochter eines der Ihren auf Erden willkommen heissen. «Unsere Lieder begleiten uns durchs Leben», sagt Fredy Wallimann irgendwann: Jodeln, das ist hier nicht nur um der Tradition willen gepflegte Folklore, sondern ist Musik für den Alltag, Lieder für und wider Bill und Unbill des Lebens. Wallimann amtiert neben Silvia Windlin als Dirigent des Jodlerklub Wiesenberg. Lieder wie «Dr Wisibärger», «Uber Stock ond Stei», «Fyrobig-Juiz» sind WallimannKompositionen. Irgendwann begleitet das Filmteam Wallimann auf einer Wanderung. Er setzt sich an den Wegrand – sattgrün ist die Landschaft, steil streben die Hänge gegen oben, stolz ragen Gipfel, weit ist die Sicht: beschaulich-schönpoetische Landschaftsaufnahmen trifft man in diesem Film! – und erzählt, wie er vor einigen Jahren für seine verstorbene Frau einen Abschieds-Juchzer komponierte. Seelenmusik ist, was er nun vorsingt. Und Musik, die auf die Tränendrüsen drückt, doch «man muss sich solcher nicht schämen» – es herrscht eine wohltuende Selbstverständlichkeit im Umgang mit Emotionen in diesem Film, der Momente enthält, in denen es kurz aufblitzt, das Geheimnis der Jodler von Wiesenberg: ihre genuine Musikalität, die Leichtigkeit, mit der sie improvisieren, Neues entwickeln, sich inspirieren im gemeinsamen Singen.
Der Jodlerklub Wiesenberg wurde 1988 unter dem Namen «Bärgbuirächörli» gegründet. Von Anfang an als einzige Frau mit von der Partie ist Silvia Windlin, die Dirigentin. Sie ist von Beruf Lehrerin. Das Jodeln, meint sie, sei für sie Therapie, Inspirationsquelle, Meditation … Sie könnte noch ganz anderes erzählen, diese zierliche Frau, die zusammen mit “ihren” Jodlern eine einmalige Karriere hinlegte: Spätestens seit die Wisiberger, es mag 2005 / 2006 gewesen sein, den MASH-Song «Ewigi Liebi» in ihr Repertoire aufnahmen, erfreuen sie sich einer weit über Folklorekreise hinausgehenden Bekanntheit. Und seit das zusammen mit Francine Jordi einstudierte «Feyr vo dr Sehnsucht» zum Schweizer Hit 2009 erkoren wurde und die Jodler im darauffolgenden Sommer in offizieller Vertretung der Schweiz an die Expo nach Shanghai reisten, wohnt in Wiesenberg der bekannteste Jodlerklub der Schweiz.
In dieser für den Klub bisher erfolgreichsten Zeit, von Anfang 2009 bis März 2011, haben Weber und Schilt Die Wiesenberger gedreht. Sie haben die Jodler mit Mikrofon und Kamera begleitet. In ihrem Alltag als Bauern und Handwerker. Bei Proben, Konzerten, im Aufnahmestudio. Auf Carfahrten. Bei Vereinssitzungen, bei der Generalversammlung, wo basisdemokratisch diskutiert wird, welches Engagement man annimmt, welches nicht. Nicht immer sind sich Sepp, Noldi, Franz, Ueli, Alois, Res, Werner und wie sie alle heissen einig: Was für den einen eine einmalige Chance ist, ist dem anderen zuviel.
«No Business Like Show Business» lautet der Titelzusatz des Films. Die Filmemacher verstehen dies leitmotivisch. Sie wollen zeigen, «wie ein Jodlerklub mit seinem unerwartet grossen Erfolg klarzukommen versucht». Das ist bloss halbbatzig gelungen. Denn um diesen “Erfolg” zu messen, um des Phänomens «Jodlerklub Wiesenberg» habhaft zu werden, hätten die Filmemacher 23 Jahre Vereinsgeschichte sowie ein wenig Schweizer Musikgeschichte aufarbeiten müssen. Und sie müssten sich auf ihre Protagonisten wirklich einlassen. Leider tun sie beides nicht, und so ist Die Wiesenberger, obwohl der Film zeitweilig durchaus zu gefallen vermag, doch vor allem eine vertane Chance, ein für die Schweizer Musik(film)geschichte einigermassen relevantes Dokument zu drehen.