«Geh zu ihm! Schlaf mit ihm! Im Bett werden die Dinge klar.» Diesen Rat bekommt Marcelline von ihrer Mutter. Damit hat sie das Problem ihrer Tochter auf den Punkt gebracht: als Schauspielerin erfolgreich, hapert es im Privatleben. Mit vierzig immer noch Single ereilt Marcelline die Torschlusspanik. Nicht erst nachdem ihr eine wohlmeinende Gynäkologin eröffnet hat, dass es mit dem Kinderwunsch demnächst rein bio-logisch ein Ende habe. Das Klimakterium droht. Auf der Theaterbühne muss Marcelline Turgenjews «Ein Monat auf dem Lande» unter einem jungen Regisseur – der fast ihr Sohn sein könnte – einstudieren, der sie frech in sein unorthodoxes Regiekonzept zwängen will. Es ist ein Kreuz – im Privaten wie im Beruf. Hilfe ist nicht in Sicht. So irrlichtert die sensible Künstlerin durch das Leben und durch diesen Film – nach Il est plus facile pour un chameau … (2003) die zweite Regiearbeit von Valeria Bruni Tedeschi. Sie spielt die Hauptrolle der Marcelline, gewissermassen als ihr Alter ego. Den Part hat sie sich auf den Leib geschrieben. Eine Frau in der Lebensmitte, die von dem klammen Gefühl heimgesucht wird, sie könnte etwas verpasst haben – jenseits der Karriere. Mit bisweilen kokettem Hang zur Selbstironie gibt sie Marcelline als Hysterikerin, die ihre Umgebung zur Verzweiflung treibt.
Sich dessen bewusst, flieht sie in Wunschträume, die natürlich nur bedingten Halt auf ihrem steinigen Weg zur Selbstfindung bieten können. Für ihre actrices fand Valeria Bruni Tedeschi reichliche Vorbilder in der Filmgeschichte, bei denen sie sich ebenso reichlich bediente. Almodóvars Einfluss ist nicht zu übersehen. Dazu ein Hauch Cassavetes und Duras, geläutert durch Woody Allen. Verbunden mit einem diesmal un-übersehbaren egomanischen Hang der Regisseurin zur Selbstkasteiung vor der Kamera, verfügt Actrices gleichwohl über eine beachtliche Bandbreite aparter Momente – mal komisch, mehr eher verhalten tragisch. Dazwischen gähnen leider dramaturgische Abgründe. Wobei nicht in Abrede gestellt wird, dass Valeria Bruni Tedeschi eine grossartige Schauspielerin ist. Leider hat sie sich diesmal mit der gefilmten Selbsttherapie etwas zuviel zugemutet.
Wer schon immer ahnte, dass Frauen und in besonderem Masse Schauspielerinnen sensible und deshalb höchst irritable Geschöpfe sind, zumal an der Schwelle zum Klimakterium, findet dafür in Bruni Tedeschis Film eine verhuschte Bestätigung. Aber vielleicht will man es ja so genau und gegen zwei Stunden lang auch gar nicht wissen. Je länger Marcelline nämlich mit dem Schicksal hadert, desto mehr schwindet beim Zuschauer das Interesse, dem weiter beizuwohnen.
Was bleibt, ist die nur bedingt abendfüllende Pose der in einer Woge des Weltschmerzes badenden Regisseurin. So hat das Erlebnis ihres Films etwas von einem Heimvideo-Abend, den man peinlich berührt so schnell wie möglich verlassen möchte. Vor allem gegen Ende gefällt sich Actrices in einer Larmoyanz, die die Protagonisten vollends jedes Charmes beraubt und sie zu einer Galerie unsympathischer Ekel macht, die von einer verheulten Marcelline angeführt wird. Als Schauspielerin hat Valeria Bruni Tedeschi von jeher eine Neigung zu verschreckten Charakteren, aber da sorgten Regisseure wie François Ozon (5x2) dafür, dass sich ihr Gefühlsüberschwang im Zaum hielt. Bei Actrices fehlte dieses Korrektiv, und so strapaziert die Regisseurin Bruni Tedeschi ungebremst die Frustrationstoleranz des Zuschauers.